Spanische Geschäftskultur verstehen

Ländertraining Lateinamerika

Spanische Mitarbeiter und Geschäftspartner pflegen eine Beziehungskultur

Um sich in der spanischen Geschäftskultur zurechtzufinden, gibt es einige wichtige Unterschiede, die wir Deutschen kennen sollten. Ganz gleich, ob man nach Spanien umziehen möchte, um hier zu arbeiten, man mit spanischen Geschäftspartner:innen zu tun hat oder ein eigenes Unternehmen gründen möchte – das Verständnis von der spanischen Mentalität ist dabei der Schlüssel.

Unsere Beiträge sollen dabei helfen, sich mit den verschiedenen Managementstilen, Strukturen und Umgangsformen vertraut zu machen, die man in Spanien antreffen kann. Allerdings sollte man nicht erwarten, dass es in allen Teilen Spaniens oder bei jedem Unternehmen oder Menschen die gleichen kulturellen Werte und Umgangsformen gibt. Schließlich ist es ein vielfältiges Land mit derzeit über 47,7 Millionen Individuen, das im Laufe der Geschichte von vielen “Fremden” beeinflusst wurde.

Unterschiede innerhalb von Spanien

Die insgesamt 17 spanischen Regionen haben alle ihre eigene Kultur und einige sogar ihre eigene Regionalsprache als zweite Amtssprache neben dem Hochspanisch (Castellano):
z. B.: Katalanisch (ca. 7,2 Mio. Sprecher:innen), Galicisch (ca. 1,2 Mio. Sprecher:innen), Baskisch (ca. 800.000 Sprecher:innen) oder Aranesisch (ca. 4.000 Sprecher:innen), zudem: Aragonesisch und Asturisch.

Alle Spanier:innen identifizieren sich in der Regel stark mit ihrer Heimatregion, bzw. häufig mit der Provinz, aus der sie stammen. Manche verstehen sich daher eher als Katalan:in, Mallorquiner:in oder Madrileñ@s (das @-Zeichen ist übrigens eine der spanischen Versionen für genderneutrale Sprache; andere werden im unten aufgeführten Artikel der Bundeszentrale für politische Bildung genannt …).

Es gibt aber dennoch einige verbindende Elemente, die die Spanier:innen eint, die man auch in spanischen Unternehmen findet und die die spanische Mentalität klar von der deutschen unterscheidet. Welches die so genannten deutschen Kulturstandards sind, habe ich in dem Blogbeitrag „So sind wir, die Deutschen“ erläutert: https://kathrinbremer.com/2022/05/21/so-sind-wir-die-deutschen/ .

Wenn hier von „Kulturstandards“ die Rede ist, geht es immer um die Mehrheit einer Bevölkerung. Aber: es gibt natürlich immer Ausnahmen und Menschen, die ganz anders ticken.

Die spanischen Kulturstandards (nach Alexander Thomas):

■ Familien-Beziehungs-Orientierung: Gegenüber Familienmitgliedern zeigen Spanier:innen eine große Loyalität. Das Ansehen der Familie muss stets gewahrt werden.
■ Persönliche Nähe: “Intrapersonale Distanzminimierung”, das bedeutet, dass persönliche Nähe wichtig ist. Das gilt auch zwischen Geschäftspartner:innen oder Kolleg:innen. Spanier:innen kommen sich im Berufsleben näher als wir und erzählen sich auch private Dinge, die wir eher nicht mit Mitarbeitenden teilen würden.
■ Soziale Beziehungspflege: Ziel ist der Aufbau eines verlässlichen Netzwerks, in dem man sich jenseits von beruflichen Verpflichtungen und schriftlichen Verträgen vertraut und unterstützt.
■ Kommunikationsgestaltung: Dialog und persönlicher Austausch stehen im Vordergrund. Die Kommunikation ist lebendig und wird durch Mimik und Gestik unterstützt.
■ Indirektheit: Lob und Komplimente kommen gerne zum Einsatz; Kritik hingegen wird in der Regel nicht direkt geäußert, sondern verklausuliert. Ziel der Indirektheit ist es, die Persönlichkeit und Integrität des Gegenübers zu respektieren.
■ Statusorientierung: zielt darauf ab, dass spanische Unternehmen in der Regel hierarischer aufgebaut sind als deutsche.
■ Umgang mit Regeln: Spanier:innen sind eher der Auffassung, dass Vorschriften flexibel gehandhabt werden können. Sie werden lediglich als Leitlinien betrachtet, die auch umgangen werden dürfen.

In diesem Beitrag nehmen wir uns konkret den ersten Kulturstandard vor:

Beziehungsorientierung
Die Familie ist die zentrale Einheit in Spanien. Aber auch außerhalb der Familie ist der Aufbau guter Beziehungen wichtig. Spanier:innen legen auch in der Geschäftswelt viel Wert auf gute Beziehungen und Integrität. So ist beispielsweise die erste Frage, wenn man sich neu kennen lernt, nicht (wie in Deutschland): „Was machst du /machen Sie beruflich?“, sondern “Wo kommst du her?“ – man versucht so gemeinsame Bekannte oder Freund:innen zu identifizieren. So wird eine Verbindung, eine Beziehung aufgebaut.

Kolleg:innen essen häufig gemeinsam zu Mittag
Die Mittagspause dauert oft gut zwei Stunden oder länger und beinhaltet häufig einen Besuch in einem nahe gelegenen Restaurant. Durch das gemeinsame Mittagessen wird die Beziehung zwischen den Kolleg:innen verbessert. Gerade als Neuling in einem spanischen Unternehmen sollte man tunlichst alle Nachfragen nach einem gemeinsamen Mittagessen oder dem gemeinsamen Glas nach der Arbeit annehmen.

Die Beziehungorientierung hat viele weitere Aspekte und kollidiert häufig mit unserer deutschen so genannten „Sach-Orientierung“. (Das streichen: In unregelmäßigen Abständen werden Sie hier darüber weiteres lesen.)

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